Koen de Vries
Gevonden gezichten

Mein Stempelstil ist eine raue Arbeitsweise. Jeder Stempel muss mit einer angemessenen Portion Gewalt in den Ton gedrueckt werden, dies verformt jedoch auch die vorherigen Abdruecke. Danach muss die Haltung wieder angepasst werden, je nachdem was der theatralische Augenblick  verlangt. Danach muss die Haltung angepast werden, passend zur Theatralitaet des neu entstandenen Momentes. Die Bedeutung  des Portraets bewegt und veraendert sich mit der Bewegung und Veraenderung der Materie  und so zieht ein ganzes Theater an mir vorbei. Manchmal streift man dabei Porträts, die man liebend gerne haette, aber letztendlich nicht bekommen kann, so wie hier in dieser Serie. Und umgekehrt, weiss man nicht nicht genau, was man ueberhaupt sucht und da steht es bereits vor einem. Wie Karel Appel einmal sagte (frei uebersetzt): „man muss es nur ‚fertig’gucken“.

Ich habe viele Zeitungsfotos versammelt, vom Menschen, in Augenblicken an denen er mit irgendetwas in seinem Leben sehr beschäftigt ist. Das Thema ‘Ekstase’ ist dabei oft aufgetaucht, aber noch nicht eher so wie hier. Entrückung beschäftigt den Menschen, warum eigentlich? Gehört es zur ‘Ausrüstung’ der Reproduktion? Und macht uns das zum Beispiel auch anfällig für Drogen? Sich von sich selbst lösen um so mit den Göttern zu kommunizieren. Gibt dies dem Leben einen Sinn? Dies sind einige der Dinge die mich beschäftigen, wenn ich in meinem Atelier die Zeitungsausschnitte durchblättere und den Menschen betrachte.

Tagtäglich werden wir von der Schwerkraft nach unten gezogen, aber manchmal scheinst Du  ihr entkommen zu können, so wie hier, in dieser Skulptur. Was genau hier passiert, weiss ich nicht. Ein unbeschwerter Augenblick. Frei von der Zwangsjacke Deiner eigenen Geschichte oder einer Umgebung, die dich in eine bestimmte Ecke drängen will . Wie neugeboren tauchst Du an die Oberfläche und kannst wieder frei atmen. Der Weg vor Dir ist offen. Gut zu wissen, falls die Schwerkraft wieder vorbeikommt.

Es war ein anstrengender Weg, der zu dieser Plastik führte. Es gelang mir einfach nicht um dass, was ich in diesem Porträt sah, an die Oberfläche zu bringen und auch wirklich gut sichtbar zu machen. Aber jedes Mal, wenn ich kurz davor war, auf zu geben, tauchte noch eine neue Bedeutungsebene auf, fast, als wolle das Porträt mir Mut machen. 

So ist es auch mit den Frauen in meinem Leben . Vielleicht war dieser mühsame Prozess darum für mich notwendig, nachdem ich beschlossen hatte, eine Serie Frauenporträts zu machen.

Manche sind der Auffassung, dass ein Frauenporträt automatisch ‘lieb’ und ‘nett’ wird. Schaut man sich die Geschichte der Bildhaukunst an, dann spricht einiges dafür.  Grund genug für mich, dies radikal zu leugnen und ‘der Frau’ unbefangen und mit Offenheit zu begegnen. Und fest zu stellen, dass unter dem Gefühl des Versagens eine neue Bedeutung steckt.

“Love must be the masterplan”. Ein Soundbite aus einem Lied von Prince der für mich eine Grundregel für das Leben ist.  Ich habe aus einem Apfel eine Stempelform gemacht, um damit zu experimentieren. Assoziationen mit dem Sündenfall hatte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Schließlich kam diese Skulptur zum Vorschein, eine moderne Eva womöglich  die selbst in den Apfel beisst. Nieder met dem Patriarchat! Oder isst zie einfach ein wenig Obst?